Nur wenige Minuten trennen uns von Torcello, einer kleinen Insel in der Lagune von Venedig. Während sie heute vor allem durch die ruhige Atmosphäre auffällt, ist sie doch von historisch großer Bedeutung.

Die quadratische Form des Glockenturms hat schon während unserer letzten Ausflüge nach Lio Piccolo und Treporti unsere Neugierde geweckt.

Vor vielen Jahrhunderten befand sich auf dieser Insel eine der wohlhabendsten Ansiedlungen der venezianischen Lagune. Doch mit der steigenden Bedeutung des noch jungen Nachbarortes Venedig erlitt Torcello nach und nach einen langsamen Niedergang. Heute beherbergt diese Insel ein unschätzbar wertvollen, archäologischen Reichtum, zählt ganze neun Einwohner und ca. eine Million Besucher im Jahr!

Es ist auch die Ruhe, die diese Insel heute auszeichnet und auch in der Vergangenheit zahlreiche Künstler anzog. Einer von vielen war Hemingway, der 1948 sich hier zurückzog und seinen Roman “Über den Fluß und in die Wälder” zu schreiben begann.

Wir gehen den kleinen Kanal, der von der Haltestelle bis ins Zentrum der Insel führt, entlang, und beschließen, einen Abstecher zur Casa Museo Andrich zu machen.

“Lucio Andrich, der herausragende Künstler aus Agordo, vor kurzer Zeit durch seine wunderschöne Ausstellung letzten Jahres auf der Insel Sant’Erasmo wiederentdeckt, liebte Clementina und ließ sich mit ihr nieder. Sie, seine Ehefrau, saß vor dem Haus auf einer Steinbank und stickte freihand unermüdlich wunderschöne große Wandteppiche. Diese wurden Vorlagen und Inspirationsquelle für die Gemälde des vielseitigen Meisters.”
– www.museoandrich.com –

Nach Lucios Tod entschied sich sein Neffe, Paolo Andrich, das Wohnhaus seines Onkels in ein Hausmuseum umzuwandeln, das man heute in einem geführten Rundgang besichtigen kann.
Um an das Eingangstor des Grundstücks zu gelangen, gehen wir einen langen, von Brombeersträuchern gesäumten Weg, entlang.
Die Führung beginnt mit einem herrlichen Ausblick auf die Dolomiten, Geburtsort von Andrich, die klar am Horizont hervorstechen.
Dieses wunderschöne Panorama wird begleitet von den ersten Blüten der Strandflieder, eine typische Pflanze dieser Gegend, die in ein paar Wochen alle Sandbänke in ihre Farben tauchen wird.
Vor diesem Schaubild beginnen die Erzählungen Andrichs über die Geschichte Torcellos, die ersten Ansiedlungen auf der Insel, die in den ersten Jahrhunderten des Römischen Reiches stattfanden. Zur gleichen Zeit entstand die nahegelegene Stadt Altino.
Zusammen mit den Inseln Mazzorbo, Burano, Ammiana und Costanziaco wurde Torcello zum großen Handelszentrum von Venetia et Histria im Adriatischen Meer.

Wir betreten das Haus und spüren sofort Paolo Andrichs Leidenschaft für die geschaffenen Werke seines Onkels und für diese einzigartige Region, deren liebender Einwohner er ist. Jedes kleine Detail ist ein Kunstwerk: Von den Steinarbeiten über die Kamine aus Terracotta, bis hin zu den alten Marmormöbeln: Alles umgeben von Ölgemälden, Stoffstichen und Entwürfen.

Nachdem wir das Haus Andrichs verlassen haben, machen wir uns auf den Weg zur Basilica di Santa Maria Assunta, und kommen unterwegs bei der Ponte del Diavolo, der Teufelsbrücke, vorbei. Wir kommen an der im Jahre 639 erbauten Basilika an, ein typisches Bauwerk byzantinischer Kunst. Im XI. Jahrhundert wurde nebenan eine neue Kirche, Santa Fosca, nach dem Vorbild des Griechischen Kreuzes, also griechischer Architektur, errichtet. Weiterhin zeichnet sich die Erstgenannte durch ihren Säulengang mit abschließenden Kapitellen aus, alles zurückzuführen auf die damalige byzantinische Herrschaft.
Im Inneren der Basilika bewundern wir das große Mosaik, welches das Jüngste Gericht darstellt, und die Fensterläden aus Marmor, eine weitere Besonderheit dieses Bauwerks.
Auf dem gegenüberliegenden Platz kann man ein Museum über Torcello besuchen, in welchem sich der berühmte Thron des Attila befindet.

Nachdem wir einen Morgen voller neuer Entdeckungen verbracht haben, verlassen wir Torcello und gehen wieder an Bord…was wird wohl unser neues Ziel sein?
Kaum an Board gestiegen, entschieden wir uns, in Burano Halt zu machen. Entdecke im nächsten Bericht, wie unser Ausflug auf der Insel der Farben und Merletti weiterging!